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„Es spricht einfach viel mehr dafür als dagegen“

Im Wohnhaus Aldenhoven haben Bewohner*innen und Mitarbeitende die erste Impfung gegen das Corona-Virus erhalten, die zweite Imfpung steht kurz bevor. Vorerst bleibt Aldenhoven allerdings das einzige Haus, in dem zu diesem frühen Zeitpunkt Impfungen durchgeführt werden.

Elke Pontow wurde als erste Bewohnerin in Aldenhoven von der Hausärztin geimpft.

Mit einem Lächeln lässt Elke Pontow den kleinen Piks über sich ergehen. Sie sitzt entspannt in einem Sessel in ihrem Zimmer und guckt zu, wie ihre Hausärtzin Candelaria Marrero y García ihr noch ein Pflaster auf den linken Arm klebt. „War überhaupt nicht schlimm“, sagt Elke Pontow, die als erste Bewohnerin des Wohnhaus Aldenhoven der Lebenshilfe Rhein-Kreis Neuss eine Corona-Impfung erhalten hat. Der Impfstoff ist ein paar Stunden zuvor zusammen mit einem Impfteam des Rhein-Kreis Neuss samt Polizeieskorte im Wohnhaus angekommen. In der gesamten Einrichtung herrscht eine positiv aufgeregte Stimmung. „Endlich ist mal wieder etwas los“, beschreibt es Elke Pontow.

Das Wohnhaus Aldenhoven ist die erste Einrichtung der Eingliederungshilfe im Rhein-Kreis Neuss, in der Impfungen durchgeführt wurden. Tim Wallraff, Leiter des Wohnhauses Aldenhoven, ist noch immer ein bisschen erstaunt darüber, wie schnell plötzlich alles ging. Genau einen Tag vor Weihnachten erhielt er eine E-Mail der kassenärztlichen Ver­einigung Nordrhein. „Darin stand, dass unser Haus schon bald mit den Impfungen an der Reihe sei. Das kam erstmal überraschend, weil wir ja kein klassisches Senioren- oder Pflegeheim sind,“ erinnert sich der Wohnhausleiter.  „Wir haben uns aber sehr gefreut und sofort mit den Vorbereitungen angefangen – da gab es schon einiges zu tun.“

Die Anforderungen an die Einrichtungen sind hoch, damit die Impfungen reibungslos ablaufen können. „Es gab sehr viel Email-Verkehr mit Anweisungen von den zuständigen Stellen, zum Beispiel müssen drei Räume für das Impfteam vorgehalten oder ein Einbahnwegesystem geschaffen werden“, so der Wohnhausleiter. Der erste Schritt bestand aber darin, diejenigen, die die Impfung betrifft, zu informieren. Im Wohnhaus Aldenhoven leben vor allem ältere Menschen mit einer Be­hin­derung, die meisten sind bereits in Rente. „Zunächst mussten wir mit allen 16 Bewohnern sprechen, sie darüber informieren, dass sie bald geimpft werden können“, sagt Tim Wallraff. Nur wer zustimmt, darf geimpft werden. „Wir haben uns Zeit genommen und mit jedem einzelnen unserer Bewohner gesprochen, erklärt, worum es geht, über Risiken und Nutzen aufgeklärt“, erzählt Nathalie Weitz, stellvertretende Wohnhausleiterin in Aldenhoven. „Es war uns sehr wichtig, dass sie sich bewusst dafür oder eben dagegen entscheiden und auch die Zuständigen des Rhein-Kreis Neuss haben sehr deutlich gemacht, dass niemand geimpft werden muss, sondern alles freiwillig ist.“

Da jeder Bewohner auch noch einen eigenen gesetzlichen Betreuer hat, mussten auch sie einzeln kontaktiert und um Einwilligung gebeten werden. „Alle haben zugestimmt, und waren froh zu hören, dass es in unserem Haus schon losgeht. Viele sehen die Impfung als einen kleinen Lichtblick, einen Schritt hin zu mehr Normalität“, erzählt Nathalie Weitz. Auch sie selbst hätte sich gern impfen lassen, aus medizinischen Gründen ist das bei ihr allerdings zurzeit nicht möglich. So wie ihr wurden auch den 26 anderen Mitarbeitenden des Wohnhauses, zu denen Gruppenbetreuer, Hauswirtschaftskräfte oder Leiter von Freizeitangeboten gehören, angeboten, an der Impfung teilzunehmen. Zwanzig von ihnen machen Gebrauch davon. „Hier ist alles ganz toll organisiert und In diesem Haus haben sich erstaunlich viele Mitarbeitende für die Impfung entschieden, das ist großartig“, sagt Karl-Heinz Munter, einer der acht leitenden Impfärzte des Rhein-Kreis, der bei der Impfung in Aldenhoven mit vor Ort ist. „In anderen Einrichtungen liegt die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, oft unter 50 Prozent, ich hoffe, das wird sich durch Aufklärungskampagnen, die wir ver­stärkt durchführen, noch ändern. Es ist einfach so, dass jede Impfung ein Schritt in die richtige Richtung ist.“ Drei Wochen nach der ersten Impfung wird die Prozedur wiederholt, das Impfteam erneut anrücken, denn erst eine Woche nach der zweiten Impfung ist der Schutz tatsächlich gegeben.

Für Waltraud Barisch, Gruppenbetreuerin im Wohnhaus Aldenhoven, war die Entscheidung für oder gegen den Impfstoff schnell klar. „Spätestens seit meiner Fortbildung, die ich in Zusammenhang mit PCR-Tests gemacht habe, habe ich für mich entschieden, mich impfen zu lassen. Wenn man mit Menschen mit Be­hin­derung arbeitet, hat man natürlich auch eine besonders hohe Ver­antwortung, weil viele von ihnen zur Risikogruppe gehören“, so Waltraud Barisch, die seit fast 20 Jahren im Wohnhaus arbeitet. „Ich habe volles Ver­trauen in die Wissenschaft und bin überzeugt, dass gründlich genug geprüft wurde.“ Ähnlich sieht das Mitarbeiter Ludwig Offenberg. Für seine Entscheidung hat er etwas länger gebraucht, wie er zugibt. „Ich habe das Thema erstmal vor mir hergeschoben, mich dann aber gründlich informiert und zu dem Schluss gekommen, dass mehr für eine Impfung spricht, als dagegen“, so der Gruppenbetreuer.  „Ich bin jetzt wirklich froh, dass ich durch meine Arbeit schon als Anfang Sechzigjähriger zu dem Kreis gehöre, der so früh geimpft wird. Ver­trauen in die Medizin gehört natürlich dazu.“

Die Mitarbeitenden werden in einem separaten Impfraum zunächst von Candelaria Marrero y García über Risiken und mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt, dann folgt der Piks in den Oberarm. Am Ende sind in Aldenhoven insgesamt 36 Spritzen mit dem Biontech-Impfstoff ver­abreicht worden. Ein Mitarbeiter, der zunächst skeptisch war, hat sich nach einem Gespräch mit Dr. Karl-Heinz Munter sogar noch entschieden, sich doch impfen zu lassen. Er wird bei der nächsten Aktion dabei sein.