„Es macht Spaß, hier mit so vielen zu wohnen“ sagt Joshua Mayer, dem ein Schmunzeln über das Gesicht huscht und hinzufügt: „Und wenn es mir doch mal zu viel wird, gehe ich eben in mein Zimmer.“ Er ist einer der sechs Bewohnerinnen und Bewohner einer ganz besonderen Wohngemeinschaft in Dormagen. Die jungen Menschen haben alle eine geistige Behinderung und werden bei ihrem Einstieg in das eigenständige Wohnen von einem Fachkräfte-Team der Lebenshilfe Rhein-Kreis Neuss rund um die Uhr unterstützt. „Die WG-Gründung war ein voller Erfolg, die jungen Leute wohnen jetzt eineinhalb Jahre gemeinsam in der Wohnung und fühlen sich wohl“, sagt Roland Struzyna, Bereichsleiter des Betreuten Wohnens der Lebenshilfe Rhein-Kreis Neuss.
Jetzt soll ein ähnliches Projekt in Grevenbroich gestartet werden, ein erstes Informationstreffen mit Interessierten fand bereits statt. „Am Beispiel der WG in Dormagen konnten wir den Familien schildern, wie eine solche WG aussehen kann. Zur Zeit suchen wir verstärkt nach passenden Immobilien oder Baupartnern, in Dormagen hat beispielsweise die Zusammenarbeit mit dem Baugenossenschaft sehr gut funktioniert“, erzählt Roland Struzyna. „Natürlich muss der Wohnraum für unser Klientel bezahlbar sein.“
Der Bedarf für eine solches Projekt ist jedenfalls sehr groß. „Ich denke, jeder und jede hat ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben, das gilt natürlich auch für Menschen mit Beeinträchtigung“, sagt Claudia Prinz, die gemeinsam mit ihrem Sohn Florian bei der ersten Info-Veranstaltung zur WG-Gründung teilgenommen hat. „Eine betreute Wohngemeinschaft mit Gleichaltrigen ist ein idealer erster Schritt in die Selbstständigkeit, wir würden uns wirklich sehr freuen, wenn es klappt. Irgendwann wird es einfach Zeit, dass sich junge Menschen von ihrem Elternhaus abnabeln.“ Der 22-jährige Florian, der bei den VARIUS Werkstätten der Lebenshilfe beschäftigt ist, war lange Zeit nicht begeistert von dem Gedanken, dass er irgendwann ausziehen soll. „Beim Info-Treffen waren allerdings viele junge Menschen dabei, die Florian schon aus dem Kindergarten, Schule oder Freizeiten kennt, seitdem ist er sehr aufgeschlossen und kann sich ein WG-Leben gut vorstellen“, so Claudia Prinz. Entscheidend sei, dass die Wohnung in Grevenbroich liegt. „So kann Florian weiterhin ins Kultus gehen, auch sonst möchte er in seiner vertrauten Umgebung bleiben, das ist wichtig für ihn.“
Ähnlich sieht das Monika Lammers, die sich ebenfalls gemeinsam mit ihrem Sohn über das Projekt informiert hat. „Wie alle Eltern wünschen wir uns natürlich, dass unser Kind immer selbstständiger wird. Wie alle anderen soll er ein glückliches, eigenständiges Leben führen.“ Ihr 19-jähriger Sohn Leo kennt das Thema Auszug schon von seinen Geschwistern, ist selbst aber noch nicht ganz überzeugt, dass auch er irgendwann das Elternhaus verlassen soll. „Wir machen ihn langsam mit dem Gedanken vertraut, er steht gerade ganz am Anfang des Ablösungsprozesses, genau wie wir als Eltern. Umso schöner finde ich es, dass schon jetzt Treffen mit möglichen weiteren WG-Bewohnern organisiert werden – die er zum großen Teil schon kennt.“ Auch Monika Lammers hofft, dass das Projekt in naher Zukunft umgesetzt werden kann. „Eine Immobilie zu finden, ist ja gerade für jeden schwierig. Aber es wäre einfach eine ganz tolle Sache.“